Kormorane am Gewässer – Konflikt zwischen Naturschutz und Anglern

Zwischen Artenschutz und Artenverlust: Wie ein Vogel unsere Fischbestände verändert

Er ist schwarz, elegant und wirkt mit ausgebreiteten Flügeln beinahe majestätisch:

Der Kormoran (Phalacrocorax carbo) ist ein Meistertaucher, ein geschickter Jäger – und in den Augen vieler Angler der Schrecken unserer Gewässer.

Kaum ein Tier polarisiert so sehr:

Für Naturschützer ist der Kormoran ein Zeichen ökologischer Vielfalt.

Für Fischer, Teichwirte und Angelvereine hingegen ist er ein Problemvogel – einer, der Fischbestände dezimiert und jahrzehntelange Hegearbeit zerstört.

Was stimmt nun? Wie groß ist der Einfluss des Kormorans wirklich?

Und was passiert bei uns – z. B. im Kreis Schwäbisch Hall, an Kocher, Jagst und Bühler?


📈 Kormoran auf dem Vormarsch

Noch in den 1970er-Jahren galt der Kormoran in weiten Teilen Europas als fast ausgestorben – durch Umweltgifte (DDT), Jagd und Lebensraumverlust.

Dank strikter Schutzmaßnahmen (EU-Vogelschutzrichtlinie) hat sich sein Bestand erholt – und explosionsartig vermehrt.

Heute leben in Deutschland rund 25.000 Brutpaare – mit Schwerpunkt an Flüssen, Stauseen und Baggerseen.

Typische Merkmale:

  • Körperlänge: 80–100 cm
  • Spannweite: bis 160 cm
  • Tauchzeit: bis 90 Sekunden
  • Jagdleistung: ca. 500 g Fisch pro Tag

💡 Das klingt harmlos – aber bei 100 Kormoranen macht das 50 kg Fisch – täglich!

Vor allem in kalten Monaten konzentrieren sich viele Kormorane auf kleine, gut besetzte Gewässer – etwa Vereinsseen oder Flussabschnitte mit Winterruhe.


🎣 Wie stark ist der Schaden für Angler?

Für viele Fischereivereine ist der Kormoran eine ernste Bedrohung – besonders dort, wo:

  • Flüsse renaturiert und gut erreichbar sind
  • Bachforellen, Äschen, Kleinfischarten oder Besatzfische dominieren
  • wenig natürliche Verstecke oder Rückzugsräume vorhanden sind

Im Bodenseeraum fressen Kormorane laut Studien mehr Fisch als alle Berufsfischer zusammen fangen. In kleineren Gewässern kann ein einziger Trupp binnen weniger Tage ganze Jahrgänge vernichten.

Besonders betroffen: junge Fische (Setzlinge), seltene Arten, Kleinfischarten.

Einige Vereine berichten von komplett zusammengebrochenen Äschen- und Forellenbeständen, weil Winterkormorane jedes Jahr gezielt zurückkehren.


🛡 Was ist erlaubt – und was nicht?

Der Kormoran ist durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt.

Einfaches Abschießen oder Vertreiben ist nicht erlaubt – aber es gibt Ausnahmen:

🔧 Mögliche Maßnahmen:

  • 📢 Vergrämung: z. B. mit Knallkörpern, Flatterbändern, Drohnen – erlaubt mit Genehmigung
  • 🦅 Attrappen oder Greifvogel-Silhouetten zur Abschreckung
  • 🔫 Regulierung (Abschuss) nur mit spezieller Ausnahmegenehmigung der Unteren Naturschutzbehörde
  • 🌱 Habitatmanagement: Strukturreiche Ufer, Totholz, Seerosen schaffen Fluchtmöglichkeiten für Fische
  • 🪩 Künstliche Reflektoren oder CDs – in kleinen Stillgewässern manchmal hilfreich

In Baden-Württemberg gelten regionale Kormoran-Verordnungen – im Kreis Schwäbisch Hall können Abschüsse in bestimmten Fällen genehmigt werden, z. B. bei massiven Schäden an Vereinsgewässern.


⚖️ Der Konflikt – zwei Seiten, ein Gewässer

Die Debatte um den Kormoran ist so aufgeladen, weil sie zwei legitime Interessen gegeneinander stellt:

🌿 Artenschutz:

  • Kormorane haben das gleiche „Recht auf Natur“ wie andere Tiere
  • Sie sind Teil des natürlichen Gleichgewichts
  • Viele Menschen freuen sich, einen so seltenen Vogel zu sehen

🎣 Fischereiwirtschaft:

  • Hegearbeit, Besatzmaßnahmen und Arterhaltung werden jahrelang zunichte gemacht
  • Besonders betroffen: gefährdete Fischarten wie Äsche, Nase oder Neunauge
  • Vereine tragen Kosten, Verluste – ohne Unterstützung

Die Lösung kann nur in einem ausgewogenen Management liegen:

Kontrollierter Schutz, gezielte Regulation, mehr Aufklärung – und gemeinsame Strategien statt Frontenbildung.


🧠 Was du als Angler tun kannst

✔ Beobachte regelmäßig dein Gewässer – und melde Kormoran-Vorkommen an den Verein

✔ Unterstütze Maßnahmen wie Uferstrukturierung, Totholzprojekte oder Winter-Rückzugsräume für Fische

✔ Beteilige dich an Arbeitsgruppen oder Gewässerprojekten – viele Gemeinden suchen aktive Mitgestaltung

💬 Der Dialog mit Naturschützern ist entscheidend. Nur wenn Angler **nicht als „Gegner der Natur“, sondern als aktive Bewahrer auftreten, wird sich langfristig eine Lösung finden.


🧠 Fazit: Zwischen Faszination und Frust

Der Kormoran ist kein Feindbild, aber er ist auch kein harmloser Gast.

Für intakte Gewässer braucht es mehr als Schutzverordnungen – es braucht Verständnis für beide Seiten, regionale Lösungen und einen klaren Blick für die Realität vor Ort.

Ein Gewässer ist nur dann gesund, wenn Vögel, Fische, Pflanzen und Menschen dort ihren Platz finden.

Und das ist möglich – mit guten Ideen, Kommunikation und klaren Regeln.