Anglerlatein: Mythen und Aberglauben rund ums Angeln

Angler sind bekannt für ihre Geschichten – und für so manchen Mythos, der sich ums Fischefangen rankt. Ob Wetterregeln, Wundermittel oder skurrile Aberglauben, im Laufe der Zeit hat sich einiges an Anglerlatein angesammelt. In diesem Beitrag nehmen wir einige der populärsten Mythen und Irrglauben rund ums Angeln unter die Lupe und schauen, was dahinter steckt.

Mythos 1: „Angeln bei Vollmond bringt den besten Fang.“

Viele Angler schwören darauf, dass bei Vollmond die Fische besonders gut beißen. Nach dem Motto: Vollmondnacht = Garant für den kapitalen Fang. Tatsächlich kann der Mondzyklus die Fischaktivität beeinflussen – etwa durch die Gezeiten im Meer oder leichte Helligkeitsunterschiede – aber längst nicht so eindeutig, wie oft behauptet wird. Studien und Erfahrungsberichte zeigen, dass viele weitere Faktoren mindestens ebenso wichtig sind: Wetterumschwung, Wassertemperatur, Luftdruck oder die Tageszeit bestimmen das Beißverhalten maßgeblich​.

Ein erfahrener Angler aus Bayern berichtete sogar, dass seine besten Fänge häufig bei Neumond statt bei Vollmond kamen​.

Warum der Vollmond-Mythos trotzdem so verbreitet ist? Nun, es gab sicher schon tolle Nächte, in denen der helle Mond überm Wasser stand und der Kescher voll wurde – diese Erlebnisse prägen sich ein. Die weniger erfolgreichen Vollmondtrips blendet man vielleicht aus. Fakt ist: Nur auf den Mond zu achten, greift zu kurz. Sinnvoller ist es, auf ein sich näherndes Tiefdruckgebiet oder steigende Temperaturen zu achten, denn das kann die Fische viel stärker in Fresslaune versetzen als die Mondphase. Unser Tipp: Plane deinen Angeltrip nicht ausschließlich nach dem Mondkalender, sondern berücksichtige das Gesamtbild aus Wetter und Jahreszeit.

Mythos 2: „Fische hören, was wir reden.“

Viele von uns haben das als Kind gehört: „Pssst, sei leise, sonst hören dich die Fische!“ Daraus entstand der Glaube, man dürfe am Wasser kein Wort sprechen, weil sonst die Fische Reißaus nehmen. Zeit, das zu entzaubern: Fische haben kein Gehör wie wir Menschen.​

Sie besitzen kein Außen- oder Mittelohr, um Luftschall wahrzunehmen. Allerdings haben sie ein anderes Sinnesorgan – die Seitenlinie – mit dem sie Vibrationen und Druckwellen im Wasser spüren. Und genau das ist der springende Punkt: Laute Stimmen am Ufer erzeugen in der Luft kaum relevante Vibrationen im Wasser. Hingegen stampfende Schritte, Dinge ins Wasser werfen oder Motorenlärm übertragen sich als Erschütterung und das bemerken die Fische sehr wohl.

Mit anderen Worten: Normales Gespräch in angemessener Lautstärke stört Fische in der Regel nicht solange man keinen großen Radau im Wasser verursacht. Ein Karpfenangler, der sogar in Flüsterlautstärke am Ufer diskutierte, hat trotzdem seine großen Fische gefangen​.

Es gibt allerdings gewisse Situationen, wo besondere Ruhe angebracht ist – zum Beispiel beim Pirschen auf scheue Forellen in einem kleinen Bach. Da sind eher Bewegungen und Erschütterungen kritisch als leise Worte. Kurios: Einige Angler glauben sogar, man könne durch Summen oder Pfeifen Fische anlocken (das Summen soll Welse neugierig machen – wissenschaftlich unbelegt). Sei es drum, das Wichtigste ist: Keine Panik, wenn du dich mit deinem Angelkollegen unterhältst. Genießt ruhig die Geselligkeit – die Fische lauschen euch nicht, sie spüren höchstens, wenn ihr trampelt.

Mythos 3: „Ein Regentag ist ein schlechter Angeltag.“

„Bei Regen kann man’s vergessen“ – denken manche, rollen das Tackle ein und bleiben daheim. Doch halt: Regenwetter kann das Angeln sogar verbessern! Leichter Regen oder Niesel sorgt für eine gekräuselte Wasseroberfläche, was scheue Fische mutiger macht, da sie von oben weniger sichtbar sind. Außerdem spült Regenwürmer und Insekten von den Ufern ins Wasser, was den Tisch für Weißfische und somit auch für Räuber reichlich deckt. Tatsächlich berichten Angler immer wieder von Sternstunden im Nieselregen: Zum Beispiel ein Angler am Bodensee, der bei leichtem Regen regelmäßig kapitale Barsche fing​.

Natürlich gibt es Unterschiede: Ein warmer Sommerregen nach langer Hitze kann Sauerstoff ins Wasser mischen und träge Fische aktivieren – Forellen gehen dann vermehrt auf Nahrungssuche​.

Ein kalter Platzregen im Winter wiederum kann die Wassertemperatur absenken und kurzzeitig für Beißflaute sorgen. Auch bei Gewittern sollte man aus Sicherheitsgründen nicht angeln. Aber generell gilt: Regen ist kein Ausschlusskriterium. Im Gegenteil, viele erfahrene Petrijünger freuen sich regelrecht über bedecktes Himmelgrau und leichten Sprühregen – die Erfolgschancen stehen oft besser als bei strahlendem Hochdruckwetter mit praller Sonne, das Fische vorsichtig und passiv machen kann.

Am Ende kommt es auf die Intensität an: ein leichter Landregen – top! Ein stundenlanger Wolkenbruch, der den Fluss zur braunen Brühe anschwellen lässt – eher schwierig, da dann Fische kaum etwas sehen und oft Sicherheitsverstecke aufsuchen. Doch sobald sich das legt, kann gerade das ablaufende trübe Wasser voll sein mit Fresslust (Stichwort: Kaffee-Wasser-Angeln auf Waller nach Sommergewittern). Fazit: Den „Schlechtwetter-Mythos“ solltest du getrost vergessen. Es gibt nur falsche Kleidung, keinen falschen Regen, möchte man scherzhaft sagen – also Regenjacke an und raus ans Wasser!

Mythos 4: „Großer Köder = großer Fisch.“

Dieser Mythos ist zwar nicht im Titel, aber gehört ebenfalls ins Reich des Anglerlateins und sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Oft heißt es: Nur wer mit richtig großen Ködern fischt, fängt auch die kapitalen Brocken. Sicher, ein Hecht von einem Meter wird selten einem 2-cm-Köder nachjagen – hier machen große Happen Sinn. Aber umgekehrt schließen kleine Köder große Fänge keinesfalls aus. Auch mit Maden und Würmern wurden schon riesige Fische gefangen.​

Zum Beispiel kapitale Forellen oder Döbel, die auf ein vermeintlich unscheinbares Insekt gingen. Oder Barsche jenseits der 40 cm, die auf kleine Köder zuschnappten, während auf den XXL-Gummifisch nichts ging.

Die Wahrheit liegt wohl darin, dass man flexibel sein sollte. Große Räuber bevorzugen oft eine energiesparende Beute – sprich, lieber einen großen Bissen als viele kleine – aber wenn sie nicht im Fressmodus sind, kann ein kleiner Happen sie eher zu einem „Snack“ verleiten als ein Riesenbrocken. Es kann also durchaus erfolgreich sein, mal verschiedene Ködergrößen auszuprobieren, statt stur dem Motto zu folgen. Die Erfolgsformel lautet: Anpassen an Fischart, Bedingungen und Beißlaune. Nicht jeder Angeltag ist ein Großfischtag, manchmal fängt man mit filigraner Methode und kleinem Köder einfach mehr – und wer weiß, welcher Dickfisch sich vielleicht doch dazu hinreißen lässt.

Aberglaube und Rituale der Angler

Neben den halbwegs rationalen Mythen gibt es auch echten Aberglauben. Da wären z.B. die berühmten Bananen im Boot: Einige Hochseeangler weigern sich strikt, Bananen mit an Bord zu nehmen, weil das Unglück bringen soll. Ursprung unklar – möglicherweise, weil früher bei langen Überfahrten Bananen mitsamt Spinnen oder Ungeziefer Ladungen ruinieren konnten. Heute noch schwören manche darauf: Keine Banane beim Angeln, sonst beißen die Fische nicht.

Andere Rituale: Manche Angler tragen immer die gleiche „Glücksmütze“ oder betanken sich morgens mit einem spezifischen „Anglerkaffee“ nach Geheimrezept, weil sie glauben, dann klappt’s besser. Ein Schmunzeln wert ist auch der Brauch, einen frisch gekauften Kescher erstmal nicht mitzunehmen, „weil sonst nichts beißt“ – getreu der Logik, dass wer vorbereitet ist, vom Pech verfolgt wird. Daher lassen manche den neuen, großen Kescher beim ersten Trip bewusst daheim, um das Schicksal zu überlisten – und tatsächlich, oft klappt’s dann und man bereut es spätestens am Wasser, keinen Kescher dabeizuhaben!

Natürlich ist all das eher augenzwinkernd zu sehen. Angler sind eben auch nur Menschen, und etwas Aberglaube steckt in vielen Hobbys. Solange man die realen Faktoren nicht völlig außer Acht lässt, kann ein bisschen abergläubisches Ritual ja auch die Stimmung heben. Wenn du also glaubst, dass dein alter Lucky-Hat dir die Forelle des Tages beschert – setz ihn auf! Schaden wird es kaum. Und wenn mal Flaute herrscht, hat man wenigstens den Humor, es auf die Banane im Rucksack zu schieben.

Fazit

Anglerlatein und Mythen gehören zur Anglerkultur dazu wie die Rute und die Rolle. Sie sorgen für Gesprächsstoff am Wasser und machen das Erlebte manchmal noch spannender. Doch es lohnt sich, kritisch hinzuschauen: Nicht jeder Spruch hält einem Faktencheck stand. Vieles, was früher vielleicht mangels Wissen als Erklärung diente, ist heute wissenschaftlich entzaubert. Fische richten sich eher nach Wasserparametern als nach unseren Redensarten.

Also, nimm die Mythen mit einem Lächeln und verlasse dich auf Erfahrung, Gewässerkenntnis und etwas Recherche. Und beim nächsten Stammtisch, wenn wieder einer behauptet, „Nur bei Ostwind beißen die Karpfen nicht“ oder „Hechte beißen nicht im Monat ohne ‚R‘“, kannst du gelassen widersprechen – oder auch einfach zustimmen und schauen, was die Runde noch so an Geschichten auspackt. Denn sind wir ehrlich: Die eine oder andere Anglerweisheit hat doch immer einen wahren Kern – und spätestens beim Bier nach dem Angeln sind sie alle wieder da, die legendären Beißtage und unglaublichen Fänge, die natürlich genau so passiert sind… Petri Heil – und lass dir kein X für ein U vormachen!